Axel Limpert

Axel Limpert - Malerei + Fotografie

In meinem Hochfelder Atelier arbeite ich intensiv an 4 Werkserien. Dabei verstehe ich mich als Autodidakt im besten Sinne. Von Hause aus Tischler, ein durch Neugierde hervorgerufenes und zu erfolgreichem Ende geführten Studium der Kulturwissenschaften, arbeite ich zur Zeit als Sozialbetreuer.

HORROR VACUI


Der Begriff horror vacui ist einem Werk Friedrich Nietzsches entlehnt. Nietzsche beschreibt diese Angst vor der Leere als einen psychologischen Effekt. Dieser stellt sich ein, wenn alte Denksysteme den neuen weichen müssen. Der Mensch habe diese Leere zu durchlaufen, mit allen zunächst als negativ empfundenen Begleiterscheinungen wie Orientierungslosigkeit und Ängsten. Erst nach Bewältigung dieser Begleiterscheinungen können neue Alternativen sich überhaupt erst durchzusetzen. Es ist klar, dass dieser starre Schematismus alt versus neu nie zu einem befriedigenden Abschluss gebracht werden kann. Viel eher begreife ich das stetige Schwanken zwischen dem Alten dem Neuen als eine Herausforderung des (modernen) Menschen. Auch die Rolle des Künstlers und der Prozess des Malens selbst hat viel mit dieser Herausforderung zu tun. Auf eine lange Tradition zurückblickend versuchen wir doch stets das Neue zu schaffen. Vor der Staffelei hat man es des Öfteren mit Orientierungslosigkeiten zu tun, bis sich das Neue blitzartig einstellt.

Auf den ersten Blick handelt es sich bei der Serie horror vacui um die Wiederholung des immer gleichen Schemas, denn das Raster ist stets dasselbe. Die Lust am Experiment aber erzeugt das immer wieder Neue durch Variationen im Prinzip kunstimmanenter Fragestellungen: Was passiert auf der Bildoberfläche durch die Verwendung spezifischer Kontrastarten zum Beispiel? In Frage kommen nicht nur zahlreiche Kontrastvarianten hinsichtlich der Farbverhältnisse zueinander (komplementär, simultan, kalt- warm etwa), sondern auch solche, die sich über die Art und Weise des Farbauftrages selbst ergeben. Pastos versus lasierend, breite gegen schmale Pinselführung, brillant zu stumpf. Und: Wie löst man die damit verbundenen handwerklichen Probleme des Farbaufbaus, der Mischungsverhältnisse, der Pinselstrichführung? Die Kombinationsmöglichkeiten sind unendlich. So erprobe ich eine reduzierte Anzahl von Möglichkeiten an einem Bild. Weitere Alternativen an den folgenden. Dabei werden Endresultate angestrebt, die sich an folgenden Parametern orientieren: ein Oszillieren der Oberfläche, das Verwischen von starren Grenzsetzungen, das Aufblitzen farbiger Bildpartien, eine Tiefendimension hinsichtlich des Farbaufbaus. 

 


BRANDUNGSFELSEN
 

Die Serie Brandungsfelsen ist zunächst durch die Lust am Formexperiment entstanden. Wann ist eine Form in sich schlüssig, ab welchem Punkt kann sie als monumental begriffen werden? Weitergehend sind die Brandungsfelsen als Erfindungen zu verstehen, Erfindungen die nur sich selbst repräsentieren. Analogiebildungen zu real existierenden Gegenständen seitens des Betrachters sind dabei nicht auszuschließen, aber nicht intendiert. Die Brandungsfelsen stehen für sich und behaupten eine ganz eigene Realität. Sie sind der Anlass sich mit Malerei auseinander zu setzen. Auch hier grundiert die Lust am handwerklichen Experiment das Vorgehen. So kommen Techniken zur Geltung die quer stehen zu klassischen Methoden der Malerei: Die Verwendung von handelsüblichen Malerrollen, das nicht kontrollierbare Verfahren der Herstellung von Rinnsalen, die Verwischung von Farbpartien mit Schwamm, Spachtel, Teppichmesser und deren abermalige Übermalung. Schicht für Schicht wird auf diese Weise das Material auf- und abgetragen, lohnenswerte Partien bleiben stehen, unsinnige werden einem erneuten Farbauftrag unterzogen. So wirken die Brandungsfelsen wie ungeschönte, durch ihre intensive Farbgebung aber lebhafte Objekte.

 

AWKWARD
 

Legt man das Trägermaterial zu Grunde, dann handelt es sich bei der Serie awkward um Aquarellmalereien. Es kommen zwar auch klassische handwerkliche Verfahren zur Geltung, wie zum Beispiel die Nass- in- Nass- Technik. Mir ist es aber ein Anliegen, die traditionellen Methoden zu erweitern, indem ich Materialien verwende, die mit dem klassischen Begriff der Aquarellmalerei nichts zu tun haben. So werden unter anderem Öl- und Acrylfarben benutzt, um die Grenze zwischen Aquarelltechnik und Malerei im herkömmlichen Sinne auszuloten.  Auch bei dieser Auseinandersetzung gibt es Kategorien derer ich mich bediene, um der Willkürlichkeit zu entgehen: Bewusst eingesetzte Dissonanzen in Form Kontrasten, die Vermeidung der senkrechten und waagerechten Pinselführung, zudem werden in sich brüchige Figuren dem Zufall abgerungen. Dieser Zufall spielt bei dem Vorgehen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Prinzipiell sind die Maltechniken so offengehalten, dass er es ist, der das Vorgehen diktiert. So bewegt sich das Bild an der Schnittstelle zwischen dem Unkontrollierbaren und einer angemessenen Erwiderung.

 


SCHRÄGSICHT
 

Das typische der Rhein- Ruhr- Region sind sicherlich die zu kulturell nutzbaren Orten umfunktionierten Gelände und Gebäude der ehemaligen Montanindustrie. Diese Stätten sind für mich von einem außerordentlichen ästhetischen Reiz. Die fotografische Serie Schrägsicht ist um und an den Architekturen der sogenannten Industriebrachen entstanden, viele davon im Landschaftspark Duisburg- Nord. An diesen ehemals rein funktionsgebundenen Gebäudeteilen interessieren mich vor allem die Strukturen und Gebilde, die die Zeit daran hinterlassen hat: Die Verwitterungsspuren, die Oxidationspartikel und Gebrauchsrückstände. Steilvorlage für meine Malereien im Übrigen. Fotografisch festgehalten werden dabei nur Gebäudeteile, niemals der Gesamtkomplex. Die Mikroperspektive wird zudem durch einen eher unüblichen Blickwinkel der Kamera aufgenommen. Nämlich nicht frontal, sondern aus einem willkürlichen Winkel, der Schrägsicht. Die Bilder erfahren einen weiteren Verfremdungseffekt durch die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitungsprogramme, durch die die natürlichen Farben verfremdet werden. Eine bunte Farbigkeit erhält so einen erhöhten Stellenwert. Durch diese Techniken ist der Wiedererkennungswert des Dargestellten gebrochen, nur durch das genaue Betrachten sind die Objekte als das identifizierbar, was sie sind:  Blechwände, Treppengeländer und technische Apparaturen der Industriearchitektur.